12 März 2007
CONNY SIEHT IM RETIRO NACH DEN (SIC!!) RECHTEN
Hier bin ich also wieder mal an meinen Lesetisch gefesselt, aber nur noch bis Mittwoch hier in der Nationalbibliothek, dann geht’s in etwas freundlichere Gefilde mit familiäreren Flair, in die Filmoteca! Dort zu recherchieren hat zwei immense, unvorstellbar gute Vorteile:
Erstens hat die Bibliothek nur bis 14:00 geöffnet, dass heißt man hat relativ viel Freizeit und zweitens liegt die Filmoteca in meinem Madrider Lieblingsviertel. Das heißt ich freu mich schon darauf, dass die Woche ihren Mittelpunkt erreicht.
Außerdem glaub ich, muss ich ein bisschen meine Vorstellungen von Spanien wieder in andere Bahnen lenken. Am Samstag ging ich ahnungslos in den Retiro, vergleichbar mit dem Stadtpark. Dachte mir nett, es ist halbwegs warm, leg ich mich in die Sonne und lese meine 3.000000 Franquismusbüchlein. Also bemühte ich Bus und Metro mich ans Ziel meiner Samstagnachmittagsträume zu bringen und konnte vor lauter Vorfreude auf Frischluft kaum mein Lächeln unterdrücken. Tja…. als ich von der U-Bahn wieder an die Eroberfläche trat kamen mir von allen möglichen Seiten spanische Flaggen entgegen und bis ich es schließlich geschafft habe zu dem Parktor zu kommen habe sogar ich mitbekommen, dass hier wohl Leute aus ganz Spanien zusammengekommen sind um an der Demonstration für die Opfer des 11. März in Madrid teilzunehmen.
Irgendwie haben es die Spanier geschafft alle ekelhaften, falangistischen, faschistischen, konservativen Kräfte mit Sandwiches und einer Busfahrkarte nach Madrid zu bestechen und just an dem Tag im Retiro zu versammeln an dem ich entspannen wollte von einer Woche Faschismus, Franquismus und Falange…. Ich habe es vorgezogen so zu tun als wären sie gar nicht da und habe mich ins Gras gelegt und begonnen mein Sachbuch über franquistische Propaganda in Literatur und Film zu lesen, aber irgendwie war mir dass dann doch zu schräg, jedes Mal wenn ich den Blick vom Buch abwendete fand ich mich in einer Umgebung wieder, die meinen zu studierenden Filmausschnitten dann doch allzu sehr glich.
Schlussendlich als ich dann später am Abend nach Hause gekommen bin, fand ich meine total zerstörte Mitbewohnerin vor dem Computer vor. Sie konnte es kaum noch glauben und war so quasi mit dem Leben fertig. Sie musste alle ihre sozialistischen oder noch linkeren Freunde anrufen um sicher zu gehen, dass sie nicht die Diktatur von neuen ausgerufen haben. Meine Anwesenheit war ihr ja auch keine große Hilfe, da meine Diktion mittlerweile durch die Tag für Tag konsumierte einschlägige Literatur in etwas autoritärere Sphären verschoben hat. Irgendwie hat sie dann ein recht nettes Video gefunden, für die die spanisch können, möchte ich es gern posten denn es ist wirklich net schlecht…. Jejejejeje
Um dem Tag doch noch irgendwie zu retten und die Faschos aller Alterklassen im Zentrum zu vermeiden, haben sich die Bewohner meiner Wohnung gemeinsam mit mir dazu entschlossen den Bezirk zu erkunden und fanden eine äußerst schräge Bar bei „Puerta de Angel“ Salida Plaza de Santa Cristina- The Coffee Bay. Ein im oberen Bereich etwas moderner als sonst gehaltene Tapasbar der etablierten Sorte, am lustigsten sind allerdings die Betreiber dieses Etablisments: Die Besitzer sind glaub ich Vietnamesen, der Typ bei der Ausschank Argentinier und die Gäste ein Spektrum des Bezirks: Madrider de toda la vida, Latinos aus allen Ecken Lateinamerikas, Chinesen, Vietnamesen, Afrikaner, v.a. Marokkaner, Polen,…
Im Keller gibt es einen kleinen Veranstaltungssaal und nachdem das irre wichtige Fußballspiel Barca- Real vorbei war, gabs ein Konzert, welches unsererseits allerdings verweigert wurde. Wir wurden allerdings von dem Oberkellner mit einem Veranstaltungskalender ausgestattet und als Extra packte er seine kleine Kamera aus und zeigte uns ein Video vom Vortag und meinte wir müssen unbedingt wieder kommen, wenn diese Band spielt. Mit diesem Vorfall ist dann mein Bild von Spanien durch einen Vietnamesen doch wieder zulinks gerückt worden…. Soweit das halt möglich war.
Sonntag dann ein entspannender Spaziergang im Sonnenschein und ein Café con leche auf einer Terrasse in Lavapies… Eigentlich ist das Ganze ein bisserl wie Pension, wenn da bloß nicht die Diplomarbeit wäre. Nicht besonders aufregend, aber trotzdem ganz gut. Nichts desto trotz freue ich mich schon auf Sevilla! … Meinen Rückflug habe ich leider auch schon gebucht. Na ja… aber bald bin ich ja hoffentlich mit der Arbeit fertig… So und jetzt aber auf zum Mittagessen!
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